Über Stahlplatten als bessere Alternative zur Schamotteplatte im Ofen wurde schon einiges geschrieben. Meine Initialzündung war eine Sendung von Helmut Gote zum Thema „Brot im eigenen Ofen backen“. Das mußte ich natürlich sofort ausprobieren, und da ich ein Freund rustikal-günstiger Lösungen bin, habe ich zwei passende Platten in 6 mm Stärke bei prokilo.de bestellt. Zum Abholen. Das hat nur mäßig geklappt hinsichtlich der treffsicheren Termin-Koordinierung, die Platten selber sind aber 1a. Sauber abgekantet, glatte und saubere Oberfläche. Die brennen jetzt gerade in meinem Ofen ein.
Bei einem Maß von 41,5 x 35 cm wiegt eine Platte 6,7 kg (!). Die nimmt man nicht mal eben in die Hand oder legt sie mal eben ab. Schon gar nicht auf empfindliche Oberflächen! Durch das Eigengewicht gibt es sofort Kratzer und Sprünge. Die Platten brauchen immer den entschlossenen Zugriff, am besten mit Handschuhen, solange die rohen Kanten nicht bearbeitet sind. Und als bekennender Materialfetischist muß ich sagen: Das hat eine ganz eigene Ästhetik. Roher Stahl, 6 Millimeter stark, knapp sieben Kilo schwer – da fallen mir dann auch solche Materialkunstwerke von Richard Serra (bis 19.06 abrufbar) oder von mir aus auch Joseph Beuys ein …
Beim Einölen vor dem Einbrennen ist erst recht Vorsicht geboten, da die Platten durch die geölte Oberfläche auch noch flutschig sind. Zum Einölen habe ich sie auf den stabilen Kunststoffring gelegt, der sonst meiner runden Edelstahlschüssel Halt auf der Arbeitsplatte bietet. Zum Einbrennen selbst gibt es leicht unterschiedliche Erfahrungswerte im Netz; ich habe mich auf 1 Stunde bei 190° C geeinigt. Da anschließend die Küche angeblich stinkt wie eine vergammelte Pommesbude, habe ich meine Küche auf Durchzug gestellt (Terassentür nach draußen) und einen Standventilator installiert, der alles nach draußen pustet. Außerdem ist meine Frau vorgewarnt. Gottseidank liebt sie mein Selbstgebackenes, das steigert den Grad der Zumutbarkeiten.
Über erste Backtests wird natürlich berichtet.
Wie man an den Fotos sieht, schimmert die Oberfläche von rohem Baustahl je nach Lichteinfall schwarzbläulich bis grau.
Wie man Stahlplatten einbrennt:
Der Heimbäcker aus Köln-Deutz, Salamico.de; Backstars.de bietet übrigens auch „massive“ Backbleche an, allerdings nur in 1,5 mm. Das ist Firlefanz, da ist der Schamottestein noch besser. Unter 4 mm Stärke für das Stahlblech stellt sich kaum der gewünschte Effekt ein.
Update 1:
Nach der Stunde und etwas Abkühlen kam mir die Beschichtung etwas zu weich vor, also haben sie noch 40 Minuten 190° C Nachbrand bekommen. Jetzt sehen sie so ein bißchen glasiert aus. Nach dem Abkühlen sind sie auch tatsächlich fingenagelkratzfest. Morgen werden Bötchen gebacken.
Update 2:
Der Versuch, zwei Roggenmischbrote zwischen den Stahlplatten zu backen, drohte zu scheitern. Ich hatte eine Stahlplatte ganz oben auf dem Wagen für die Backbleche, die andere in der untersten Schiene. Zuerst bekam ich den Ofen nicht auf die geforderten 250°C (gemessen mit einem Backofenthermometer) und mußte ihn auf 280° stellen, damit sich überhaupt etwas bewegte. Als ich die Brote drin hatte und nach etwa 6 Minuten den Schwaden abgelassen habe, fiel die Temperatur schlagartig ab (was sich sonst von dem ollen Miele auch nicht kenne) und wollte partout nicht wieder nach oben steigen. Also habe ich nach etwa 5 Minuten meine Grillhandschuhe angezogen und die sauheiße obere Stahplatte herausgezogenund zum Abkühlen auf die Terrasse befördert. Sofort stieg die Temperatur im Ofen auf die gewünschten 200°C und aus den Broten ist doch noch was geworden. Da muß ich den Brotdoc wohl mal zu befragen …
Lutz Geißler sagt übrigens in einem seiner Podcasts, daß man auf der Stahlplatte eher schnelle Gebäcke, also Brötchen, Pizza, Baguette usw. bäckt, während für Brote die Schamotteplatte besser geeignet sei. Meine „Pane di pasta dura“ sind auf dem heißen Stahl übrigens abgegangen wie Schmitz’ Katze.
Update 3:
Der Brotdoc benutzt auch nur noch eine Stahlplatte, weil es bei Verwendung von zwei Platten (oben und unten) mit der Hitzverteilung nicht so recht klappen will. Bliebe noch zu testen, ob zwei Platten aufeinander (also 12 mm Backstahl) etwas bewirken – außer einer vermutlich längeren Aufheizzeit.